Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn – diese Redewendung lag mir während der Verkostung des Clucking Hen Rye Pale Ales zwar auf der Zunge, doch damit hätte man wirklich nicht mehr daneben liegen können. Die Henne, die sowohl die handliche Flasche, als auch den Namen der kleinen Brauerei ziert, hat ihren Ursprung in dem Gedicht „Clucking Hen“ der Britin Ann Hawkshaw. Das Federvieh ist jedoch nur eine Quelle der Inspiration für das vierköpfige Brauteam. Bei ihren Reisen durch Belgien, England und die USA sammelte sich genug Neugier (unter anderem durch das Probieren der unterschiedlichsten Gerstensäfte) und Ehrgeiz, um den Versuch zu wagen, selbst ein Bier auf die Beine zu stellen bzw. in die Flasche zu bringen.
Während die kreative Arbeit im nordrhein-westfälischen Sauerland geschieht, findet der eigentliche Brauprozess im belgischen Hombourg statt. Egal also, welche Ideen in der kleinen Braustube „ausbrütet“ werden, die Umsetzung erfolgt mit professioneller Unterstützung der Brasserie Grain d’Orge. Mit dem Rye Pale Ale hat dabei ein spannender und wohlschmeckender Vertreter der englischen Biersorte das Licht der Welt erblickt, der mir so noch nicht unter die Geschmacksknospen gekommen ist. Noch während der erste Schluck meine Zunge umspielte, fühlte ich mich ein wenig an ein gutes Keller- oder Landbier erinnert. Die Kernigkeit und leichte Herbe bringen tatsächlich ein bisschen dieses Sauerland-Feeling mit. Nicht das, was man von Veltins und Warsteiner und somit auch jedem Schützenfest kennt, sondern eine typisch ländliche, urtümliche Art. Zusammen mit den fruchtigen Aromen von Orange und Zitrone ergibt das ein absolut spannendes Geschmackserlebnis, dem so auch das gewisse Etwas an Moderne beigefügt wurde. Selbst dem Honig gelingt es, seinen Teil hier beizusteuern. Gegen Ende des Schlucks kommt dann eine angenehme Bitterkeit zutage, die das Ganze noch einmal abrundet. Etwas stutzig machte mich der Zucker in der Zutatenliste. Bei einem guten Bier erwarte ich die Zugabe von Süßungsmitteln – von Honig mal abgesehen – eigentlich nicht. Auf der Internetseite der Brauerei erfuhr ich jedoch, dass zumindest dieses Bier in der Flasche reift. Hier klingelte es: Flaschenreifung und die Zugabe von Zucker kenne ich bereits von der Rügener Insel Brauerei, und diese sagt, dass der Zucker bei der Gärung in der Flasche vollständig verschwindet. Kein Grund zur Sorge also: Hier wird nicht künstlich nachgeholfen, sondern mit frischen Ideen ein sehr empfehlenswertes Bier gebraut. Eine absolute Probierempfehlung!
Zutaten: Wasser, Gerstenmalz, Roggenmalz, Zucker, Imkerhonig, Hopfen, Hefe
Alkoholgehalt: 6,3 %