Ich war doch sehr überrascht, dass sich zum Release von Waldhalla.com schon das erste Interview mit möglichen neuen Rezensionen anbahnte. Zu verdanken haben wir dies Inkantator Koura, alleiniges Mitglieder der Band Mosaic, der mich spontan mit einem wirklich umfangreichen und optisch ansprechenden Promo-Paket versorgte. Einige mögen ihn vielleicht noch aus der Band Alchemyst kennen. Wie dem auch sei, widmen wir uns nun einem netten kleinen Plausch mit ihm!
Vielen Dank erst einmal an Dich IK, für das Interesse an unserem kleinen neuen Mag und die Möglichkeit Mosaic hier etwas näher beleuchten zu können! Als ich Dein Päckchen öffnete, fiel mir als erstes der Leitspruch „Traditions. Legends. Mysticism.“ ins Auge. Wie genau würdest Du diesen definieren bzw. wie ist dieser innerhalb Deines musikalischen Schaffens zu deuten? In den Texten wird ja auch „Boreas“, der Nordwind (griechische Mythologie), behandelt. Das führt mich wiederum zu der Frage, ob auch andere Mythologien für Dich relevant sind (viele Bands behandeln ja meist nur ihre landestypischen Mythologien)?
Grüße Dich Christoph! „Traditions. Legends. Mysticism.“ sind die Grundpfeiler von Mosaic. Neben der regionalen Sagen- und Mythenwelt spielen natürlich auch historische Ereignisse und weitere Mythologien eine große Rolle. Beschränkt wird dies überhaupt nicht, meine Idee beruht vielmehr darauf, so viel wie möglich miteinander zu verweben und zu vergleichen, um einen komplett eigenen Zugang und letztendlich eine Sichtweise zu schaffen, welche dann in den Liedern von Mosaic reflektiert und wiedergeben wird. Es spielt für mich keine Rolle, welcher Mythologie ich mich dabei bediene, viele überschneiden sich ohnehin – Mosaic ist meine eigene Sicht auf diese Dinge und folgt auch keinen Dogmen oder Regelwerken.
Dass sich viele Mythologien überschneiden, ist auch selbst mir aufgefallen. Die griechischen Götter-Archetypen ähneln beispielsweise denen aus der nordischen Mythologie in vielerlei Hinsicht (vergleiche den griechischen Helios mit dem nordischen Baldr oder auch dem germanischen Baldur). Meiner Meinung nach entstammt der ganze Ursprung dieser Mythologien nur der Natur, denn in früherer Zeit versuchten Menschen stets Dinge oder Erscheinungen, die sie sich nicht erklären konnten, zu personifizieren. Ich denke da grad an Donars Wagenrollen, das stellvertretend für das Grollen des Donners in luftigen Höhen steht. Ist das in etwa das, was Du meinst?
So könnte man einen indirekten Götterverweis schaffen, was ich auch sehr gerne mache. Ich verwende aber Götter als Metaphern für das jeweilige Thema – wie Boreas – der als Nordwind auch für Winter und Schnee steht.
Der Weg, den ich gehe, ist aber umgekehrt. Erst steht das Thema fest, beispielsweise Winter, dann wird recherchiert, was alles für den Winter stehen kann. Folglich kommt man bei Väterchen Frost oder Boreas raus – zwei Sinnbilder, die aus unterschiedlichen Kulturkreisen stammen. Väterchen Frost taucht natürlich auch in anderen Räumen, unter anderen Namen und auch mit anderen Eigenschaften auf. So landet man natürlich auch bei dem Weihnachtsmann, Knecht Ruprecht, St. Nikolaus oder Old Man Winter, wie er im Englischen heißt. Die moderne Coca-Cola-Interpretation fällt da bei mir natürlich unter den Tisch – ich bleibe lieber bei den ursprünglicheren Deutungen. Dann schreibe ich alle beschreibenden Elemente nieder und daraus wird dann der Text gewonnen.
Was genau hat es mit dem – wie soll ich sagen – „radioähnlichen“ Sprechgesang auf sich, der in vielen Songs wiederzufinden ist? Ist dieser als Stilmittel des Experimental Black Metals und/oder Verstärkung der Gedichte wie der von Georg Trakl zu sehen?
Der Radioeffekt ist für mich ein Sinnbild für Nostalgie und genau das richtige Stilmittel, um alten Gedichten Leben einzuhauchen. Dadurch wird die Direktheit von einer Stimme gekappt, und der Hörer assoziiert damit eine alte Aufnahme. Das ist die Idee dahinter.
Eine wertvolle Information wie ich finde, denn nun höre ich „Harvest“ mit einem etwas anderen Bewusstsein. Einige der Texte entstammen ursprünglich aus Deiner Feder – siehst du Dich folglich auch als Dichter?
Auf „Harvest“ stammen sehr wenige Zeilen von mir selbst, in erster Linie das Gedicht „Haimat“, welches eine Retrospektive meiner Kindheit und Jugend ist und eine Ode an meine Heimatstadt darstellt. Ansonsten sind es immer so kleine Phrasen, die ich schreibe, verknüpfende Elemente. Als Dichter würde ich mich nicht bezeichnen, eher als einen Erzähler, der Geschichten erzählt, welche immer etwas Wahres sowie Fiktives in sich haben. So sehe ich mich jedenfalls.
Wirst Du Dich denn in Zukunft verstärkt dem Black Metal à la „Old Man’s Wyntar“ hingeben, oder wird es auch wieder an Neofolk angelehnte Musik wie „Harvest“ geben?
Die Mischung wird bestehen bleiben, aber selbst die Eckpfeiler Neofolk und Black Metal werden zukünftig mehr aufgebrochen, und es wird Wave-Einflüsse oder auch mehr Klanglandschaften geben.
Ich muss jedoch dazu sagen, dass „Old Man’s Wyntar“ kein typisches Werk für mich ist, es ist ein Soundtrack zu dem Gemälde, welches das Frontcover ziert. Also keine Musik, die ich bewusst für Mosaic geschrieben habe, sondern eine, die sich eher von selbst geschrieben hat – ohne dies aber negativ zu meinen. „Old Man’s Wyntar“ ist für mich meine Hommage an den Winter, Paysage d’Hiver und die kanadische Black-Metal-Szene.
Also sind die 2016 anstehenden Releases dann eher Konzeptalben? Du sagst ja, dass „Old Man’s Wyntar“ sich quasi selbst entwickelt und geschrieben hat.
Alles folgt einem Konzept, welches wiederum einem übergeordneten Konzept folgt. „Old Man’s Wyntar“ ist ein Konzeptalbum wie alles was bereits erschienen ist und noch erscheinen wird. Auch untereinander verweisen die Veröffentlichungen aufeinander und greifen retrospektiv oder visionär Elemente auf, wenn auch teils recht versteckt.
Und warum grad die kanadische Black-Metal-Szene? In welcher Verbindung stehst Du zu ihr? Könntest Du das etwas näher erläutern?
Kanadischer Black Metal folgt dem Prinzip von einer minimalistisch gehaltenen Rhytmuswand, auf welche die prägnanten Leadgitarren gespielt werden, quasi DAS auszeichnende Element der „Métal Noir Québécois“. Meine Hommage dazu stellen jeweils die Eröffnungsriffs bei „Onset of Wyntar“ und „White Gloom“ dar, welche eben diesem Kompositionsprinzip folgen.
Daneben halte ich auch privat Kontakt in die Quebec-Szene und unterstützte sie auch in Artwork- und Layout-Arbeiten – besonders bei Monarque/Sanctuaire und Cantique Lépreux.
Die Antwort ist dann wohl hauptsächlich für die Musik fabrizierenden Leser gedacht, hehe. Monarque finde ich persönlich auch ziemlich geil… Bist Du also persönlich eher vom Winter als von anderen Jahreszeiten fasziniert, der Kraft (ich zitiere: „solang der Winter regiert“) alles Grün und Leben zu bedecken?
Jede Jahreszeit ist gleich faszinierend. Die einzige, die ich nicht wirklich mag, ist der Hochsommer – rein aus persönlichen Gründen. Trotzdem hat jede Season ihre eigene Magie, auf die ich mich immer wieder freue.
Grad die Sommersonnenwende ist aber doch ein sehr bedeutendes Ereignis im Jahreskreislauf – es werden (wie z. B. in Österreich) noch Sonnwendfeuer entzündet, um die Kraft der Sonne und das Wachstum der Pflanzen zu preisen und zu unterstützen.
Da kam das anscheinend gerade etwas falsch an, ich habe nichts gegen den Hochsommer an sich, nur gegen hohe Temperaturen. Sonnenwendfeuer gibt es auch bei uns – ich selbst entzünde aber lieber eins im angemessenen Rahmen, als diesen modern aufgezogenen Veranstaltungen beizuwohnen, wo nicht mal ein Bruchteil weiß, warum und wieso ein Feuer brennt.
Kann ich gut nachvollziehen. Die Osterfeuer beispielsweise haben einen ähnlichen Charakter erhalten. Die nächste Frage mag vielleicht Berufskrankheit sein, aber ich stelle sie dennoch: Du hattest mir vorher schon berichtet, dass Du die Gestaltung von Alben/Merchandise selbst übernimmst und hast angedeutet, dass Du Dich viel von Büchern inspirieren lässt. Wie genau läuft dieser Prozess für Dich ab?
Zunächst steht die Frage im Raum, welches Thema behandelt wird. Daraufhin beginnt die Recherche. Es gibt so viele herausragende Buchillustrationen, welche einfach in Vergessenheit geraten und einen ungemeinen Fundus an Material bieten. Finde ich ein Motiv, welches zum Thema passt, wird dies zunächst digital reproduziert, und dann folgt die Detailarbeit. So werden einzelne Elemente entnommen, verfremdet oder hinzugefügt – um es 100 % auf den angestrebten Aussagegehalt zuzuführen.
Holzschnitt- und Kupferstichgraphiken sind im extremen Metal sehr beliebt, doch wirkt das Visuelle manchmal etwas verarmt – wenn ein Motiv bei zig verschiedenen Bands auftaucht. Sicher greife ich auch auf moderne Hilfsmittel und Dienstleister wie Pinterest zurück, jedoch verwende ich das Gefundene niemals eins-zu-eins sondern verändere immer etwas, um ein gewisses Alleinstellungsmerkmal zu erzeugen.
Wie genau gelangst Du denn zu dem Thema, welches behandelt werden soll? Es gibt ja so viele Geschichten und Mythen, besonders wenn man sie (wie Du sagst) auch aus anderen Ethnologien bezieht. Ist das demnach reine Eingebungssache bei Dir?
Ein Grundstein ist meistens ein visueller Reiz. Ohne das Frontcover von „Old Man’s Wyntar“ würde es diese Veröffentlichung zum Beispiel gar nicht geben. Ein weiterer Grundstein kann ebenso eine regionale Sage oder Tradition sein.
Wenn sich das Thema gefunden hat, beginne ich bei Null und denke zunächst sehr minimal und mache eine Gedankensammlung – vor allem offensichtliche Sachen schreibe ich nieder, welche so verwurzelt im allgemeinen Sinnbild sind, dass sie meist gar nicht mehr direkt wahrgenommen werden, gar als Besonderheit angesehen werden. Daraufhin geht es dann ins Detail, es wird in alle möglichen Richtungen recherchiert, Vergleichstabellen werden aufgestellt und letztendlich die Essenz in einem Text gefasst.
Mosaic hat kürzlich eine Kooperation mit dem Künstler Kvlt&Knochen bestätigt. Werden die zukünftigen CD-Gestaltungen oder das Image von Mosaic dann eher in Richtung Ritual Black Metal tendieren? Ich habe da gerade spontan an das Image der Band Fyrnask denken müssen.
Interessant, Du bist nicht der Erste, der den Vergleich mit Fyrnask zieht. Ich habe ein paar Live-Mitschnitte von ihnen gesehen, und ja, da sind schon Ähnlichkeiten auszumachen. Aber ich denke, dass sowohl Mosaic als auch Fyrnask dem eigenen Ästhetik-Empfinden folgen – und das ist auch gut so, denn Alleinstellungsmerkmale sind sehr wichtig und zeichnen eine gute Band auch aus.
Rituell ist im Grunde alles, was ich mache, mein Pseudonym verweist darauf – denn „Inkantator“ bedeutet „Beschwörer“ – und dies merkt man besonders an der Art und Weise, wie ich meine Stimme einsetze und meine Texte schreibe – es sind alles Beschwörungen: Von alten Göttern, Geistern und Schriftgut.
Live auf dem Funkenflug Ritual mit Kvlt&Knochen-Schädel im Vordergrund
Mit Kvlt&Knochen wurde zusammen ein Teil der Bühnenpräsenz konzipiert, welche auf dem Funkenflug das erste Mal zu sehen war. Die Zusammenarbeit mit dem Künstler verlief sehr reibungslos – er hatte bereits vor Arbeitsbeginn ein grobes Bild im Kopf davon, wie es aussehen soll – dies verschmolz dann mit meiner Vision und gipfelte in einer langen finalen Sitzung, wo wir beide zusammen das Projekt vollendeten. Es ist super mit jemanden zusammenzuarbeiten, der von sich aus schon Ideen für Mosaic hatte und die Musik auch hört und zu schätzen weiß, besser als jemanden zu haben, der es schlicht nur als einen „Auftrag“ ansieht.
Es sind drei Knochenständer dabei entstanden, welche jeweils eines der drei Prinzipien und zudem meine Mitmusiker repräsentieren. Insgesamt wurden sieben Schädel graviert, dabei sind vier Wildschweinschädel jeweils mit einem von mir entworfenen Pflanzensiegel versehen, die das Wesen des jeweiligen Musikers sowie dessen Rolle verdeutlichen. Drei weitere Köpfe haben jeweils eine Sieben graviert bekommen. Dazu kommen diverse andere Schädel, Beleuchtungselemente usw.
Da habe ich etwas dazu gelernt, was deinen Künstlernamen betrifft! Du sagst, Du beschwörst Götter und Geister. So wie ich Dich einschätze, sind diese Beschwörungen sicherlich zu 100 % authentisch. Da ich selbst an die Existenz von Geistern und Göttern glaube (auch wenn sie nicht sichtbar sind, heißt das noch lange nicht, dass es sie nicht gibt), frage ich mich, ob Du dem nicht auch argwöhnisch gegenüber stehst? Es gibt ja schließlich nicht nur gute Geister…
Das muss jeder mit sich selbst ausmachen. Ich finde es durchaus sehr reizbar, auch die „bösen“ Geister anzurufen. Jeder Geist hat seine Geschichte und aus jeder davon kann man lernen. Wer definiert denn das Böse? Die Allgemeinheit? Für mich nicht relevant. Das erschließe ich lieber aus meinen eigenen Erfahrungen.
„Beschwören“ ist auch ein großes Wort in der heutigen Zeit, viele werden da an diverse Szenen aus Horrorfilmen denken, aber so ist es nicht – bei mir passiert dies im Kopf, in der Einsamkeit und letztendlich auf der Bühne.
Der Auffassung bin ich natürlich auch, dass jeder seine eigenen Erfahrungen damit machen muss. Aber wenn „reizbar“ bedeutet, dass man einen Geist heraufbeschwört, der einem schaden will, würde sich für mich die Definition von „böse“ erübrigen. Ich weiß, das klingt grad etwas alles danach, als hätte ich zuviel „Supernatural“ gesehen… Ich hoffe Du hast immer etwas Salz dabei, hehe.
Anscheinend, haha. Salz habe ich tatsächlich immer dabei bzw. griffbereit.
Da bin ich ja grad wirklich erstaunt! Ist es nur der Würze wegen oder aus genau diesem Grund? Denk Dir mal einen Smiley an dieser Stelle.
Eher zum Würzen – ich habe andere Sachen, ohne die ich nicht aus dem Haus gehe, aber das muss hier nicht weiter erläutert werden.
Nein, von daher widme ich mich dem nächsten Punkt: Du arbeitest momentan an diversen Veröffentlichungen, in die ich bereits reinschnuppern durfte. Meiner Meinung nach fällt das neue Material noch düsterer, atmosphärischer und unheimlicher aus als noch auf „Old Man’s Wyntar“. Kannst Du das bestätigen oder ist das möglicherweise nur eine subjektive Einschätzung?
Das hast Du richtig erkannt. Die neuen Scheiben werden düsterer und mystischer ausfallen. Allgemein auch kryptischer und weniger greifbar – da ich die Tiefe und die Bedeutungsebenen massiv verwebe und erweitere, damit sie nicht mehr ohne weiteres erschließbar sind. Beispiel: Ein Songtext beschreibt im Endeffekt nichts anderes als ein Pflanzenwachstum, liest sich aber nicht ansatzweise so – da alles chiffriert und metaphorisiert ist und das auch nicht mit bekannten Bildern – das ist geheime Kunst, meine geheime Kunst.
Für mich muss meine Musik immer mystisch sein, vielleicht das, was Du mit unheimlich beschreibst, und auch immer eine dunkle – geheime – Aura haben. Das ist mein Ziel, und da Du es so wahrnimmst, scheint es auch so zu wirken.
Ich finde, Mosaic bringen das Mystische perfekt zum Ausdruck. Auch Deine Antwort ist wiederum eine schöne Metapher. Ich selbst habe mich immer gefragt, wie ein Musiker solch einen Prozess durchlebt und ihn zum Wachsen bringt. Angefangen von der Idee, zum Text und bis zur Vertonung – der vollen Blüte, wenn Du so willst. Ich bin zwar Gestalter, aber mit dem musikalischen Schaffen tue ich mich dann doch sehr schwer. Wie findest Du die richtigen Noten/Akkorde/Töne zu einem Text?
Ich schreibe meine Musik selten auf, da ich den Standpunkt vertrete, dass ein gutes Riff sich im Gedächtnis manifestiert. Wenn dies nicht der Fall ist, war es eben kein gutes Riff. Somit sitze ich da, spiele Gitarre, und das was hängen bleibt, wird für ein Lied verwendet. Später wird die Idee mit einem Drummer ausgearbeitet, dann kommen die zweite Gitarre und der Bass dazu – das ist meine Arbeitsweise für Metal-Lieder. Akustik-Songs starten dagegen mit einer Impro-Gitarre. Aus dieser heraus entwickelt sich dann das Lied, welches meistens innerhalb von ein paar Stunden oder wenigen Tagen fertig ist. So ist zum Beispiel die komplette „Harvest“ entstanden – spontane Aufnahmen, welche sich selbst entwickelt und dadurch natürlich eine ganz eigene – impulsive – Magie innehaben.
Auf Deiner Facebook-Seite habe ich gelesen, dass einer der Tracks von der kommenden Veröffentlichung sozialkritischer Natur ist. Kannst du unserer Leserschaft schon etwas mehr zu den neuen Alben verraten? Und welche weiteren Thematiken und Mythen werden dort behandelt?
Ja das stimmt, ein eher ungewöhnliches Thema für Mosaic. Diesen Text habe ich 2013 geschrieben, auch wie von alleine – er reflektiert den Ver- und Zerfall unserer Kultur durch eine enorme Massenverblödung durch moderne Medien und der damit verbundenen Abkehr von der Tradition und des Kollektivsinns…
Ansonsten basiert die kommende Veröffentlichung zunächst grundlegend auf dem Element Feuer, erweitert um die Tria Principia mit darin verwobenen germanischen und griechischen Mythologie-Sinnbildern, und das ist wiederum in die Sagenwelt um die Hörselberge eingebettet.
Auf dem neuen Album werden unter anderem auch Gastmusiker mitwirken, wie z. B. Erik Gärdefors von Grift sowie Jörg Heemann (ehemals Secrets of the Moon), der das musikalische Spektrum um seine so genannte „Landsknechttrommel“ bereichern wird. Welche weitere, sagen wir mal etwas „ungewöhnliche“ Instrumente werden noch Verwendung finden?
Ja, Erik von Grift steuert ein Harmonium-Stück bei, Scorpios Androctonus von Crimson Moon übernimmt größtenteils die Bass-Gitarren, wo auch ein 8-Saiter-Bass zum Einsatz kommen wird. Zudem beherrscht er Unmengen an anderen Instrumenten und wird sicher hier und da die Atmosphäre auf ein ganz anderes Level heben können. Und so wie es jetzt aussieht, wird auch Stephan Löscher wieder dabei sein, mit dem ich bereits bei Alchemyst und auf der Single „Stellar Landscape“ zusammen gearbeitet habe.
Das kommende Werk steht deutlich unter dem Motto „Bandname ist Programm“ – es wird sehr experimentell ausfallen und folgt musikalisch keinem roten Faden – wird aber lyrisch durch ein sehr durchdachtes Konzept zusammengehalten. Man muss zudem erwähnen, dass daran seit dem Jahr 2013 geschrieben und aufgenommen wird und sich allein dadurch ein recht großes Spektrum ergibt.
Pflanzensiegel zur kommenden Veröffentlichung der Künstlerin X.A. (Teufelskunst)
Da ich während unserer kleinen vorherigen Unterhaltung das Gefühl hatte, dass auch Du Wert auf Heilpflanzen/Räucherwerk legst: Welche ist Deine persönliche Pflanze und welche Bedeutung hegt sie für Dich?
Eine persönliche Heilpflanze habe ich nicht, dies variiert natürlich je nach Jahreszeit und Anlass.
Im Frühling habe ich Huflattichblüten gesammelt und getrocknet. Diese verwende ich dann für Teeaufgüsse oder Räucherungen, man kann sie aber auch Honig beimischen oder eine Essenz aus ihnen gewinnen. Momentan sammle ich Beifuß und Kamille, welche ich dann ähnlich verarbeiten werde.
Sehr wichtig bei meinen Räucherungen ist Kampfer, denn dieser öffnet den Geist – und schlicht die Nebenhöhlen. Dadurch weiß man erst so richtig was „atmen“ bedeutet. Der Kampfer stellt die perfekte Basis für die verschiedensten Räucherungen dar, und er befreit und öffnet mich während unserer Live-Performance ungemein.
Wirst Du diese Räucherungen auch in Verbindung mit der neuen Bühnenpräsenz (wie oben beschrieben) einsetzen, oder dienen sie nur dem privaten Gebrauch? Sollte ersteres auch der Fall sein, würde ich das ziemlich spannend finden – es dürfte vermutlich ein Alleinstellungsmerkmal sein, oder?
Räucherungen sind seit jeher Bestandteil der Live-Darbietungen. Wenn ich ohne Kampfer auf die Bühne gehe, hab ich schon schlechte Laune, denn der Geist bleibt im Inneren und kann nicht herauskommen.
Kampfer wird während des Intros entzündet und steht gleichzeitig für den ersten richtigen Song. Alle weiteren Räucherungszutaten sind jeweils auf die Songs zugeschnitten und unterstreichen ihren Charakter.
Aber Räucherungen sind kein Alleinstellungsmerkmal mehr, viele Bands entzünden mittlerweile tonnenweise Weihrauch – eine Zutat, die ich deswegen überhaupt nicht mehr verwende und lieber ausgefallene Sachen zum Einsatz bringe.
Das finde ich persönlich auch sehr schade, wenn solche Kräuter missbraucht werden und die Menschen nicht wissen, was sie dort überhaupt räuchern oder was die Pflanzen selbst indizieren. Umso mehr würde ich mich freuen, eine Bühnenpräsenz von Mosaic zu sehen. Wo wird denn dieses Jahr das nächste Live-Konzert stattfinden?
Also die Live-Premiere mit dem neuen Live-Line-Up war ein Privatkonzert auf einer Burgruine im Saaletal. Darauf folgte das Funkenflug-Ritual in Österreich, welches für mich persönlich wohl die absolute Krone aller bisherigen Auftritte war und wohl auch der kommenden sein wird: So einmalig, sowohl vom Setting und von der Atmosphäre, und mit viel Liebe zum Detail, unglaublich und nur schwer in Worte zu fassen. Als nächstes folgen das Chaos Descends Festival, Party.San Open Air, ein Auftritt im NekroWerk Nordhausen im September sowie das Phantoms of Pilsen in Tschechien und Autumn From Hell in Sachsen. Auch planen wir besondere Shows zu Samhain sowie zur Wintersonnenwende und haben für 2017 vor zu touren, also nicht gerade wenig auf dem Plan, wie Du siehst.
Diese Frage wird Dir vermutlich (und hoffentlich) noch niemand gestellt haben: Wie hast Du selbst den Zugang zur Natur gefunden bzw. wie hat sich die Liebe zu diesen alten Mythologien oder das Interesse an Göttersagen und Geschichten manifestiert bzw. herauskristallisiert?
Ich bin in einer kleinen 1500-Mann-Gemeinde aufgewachsen, im Thüringer Schiefergebirge. Mein Vater ist Förster, Jäger, Fischer, Biologie- und Chemie-Lehrer, ebenso wie meine Mutter. Wir waren fast nur an der frischen Luft, bei Wind und Wetter und zu jeder Jahreszeit.
Das war der Zugang zur Natur, welcher besser kaum hätte sein können.
Die alten Götter und Sagen wurden mir durch die Schulliteratur offeriert. Ob Faust, Werther oder Macbeth und Hamlet, sie alle sind mit eben diesen gespickt und haben das Interesse geweckt. Dazu kam mein Interesse für Geschichte, wo man bereits im jungen Alter mit der Antike konfrontiert wird, und das war auch prägend. Nicht umsonst ist die griechische Mythologie immer noch mein Faible.
Ich muss sagen, dass klingt wirklich nach einem perfekten Zugang. Ich würde mir das selbst auch wünschen. Aber aus einer anderen Sichtweise betrachtet, ist es nur wichtig, dass ich diesen Zugang überhaupt gefunden habe. Das wünsche ich auch jedem anderen Menschen, dass er seine Wurzeln erkennt und unsere Erde nicht als Selbstbedienungsladen ansieht. Ich denke, das ist auch eine Aussage, die Du mit Mosaic vermitteln möchtest, richtig?
Das ist die eine Aussage, ja – aber auch eine Rückbesinnung auf Traditionen und Brauchtum. Die Kultur verarmt zunehmend, besonders durch die Schnelllebigkeit des digitalen Zeitalters – vor allem auch in Deutschland – wo man bei Traditionen, Brauchtumspflege oder Vereinswesen oft schräg von der Seite angeschaut wird – aufgrund einer stark verzerrten, politisch massiv aufgeladenen, teils verfälschten Wahrnehmung und Reflektion – und sowas finde ich sehr arm – eine Engstirnigkeit und die damit verbundene Einengung der Freiheiten – zusätzlich zum Alltagstrott. Deshalb sollte jeder in die Natur gehen und von ihr lernen. Aber auch seine Großeltern, Eltern und Ältesten aufsuchen und niederschreiben, was sie von damals noch wissen – wie ihr Jahresablauf war – explizit nachfragen und sich die für sie als alltäglich geltenden Sachen erzählen lassen. Denn der Alltag von damals ist heute nicht mehr annähernd so – vieles ist Geschichte und wird auch nicht mehr bewusst von den Quellen reflektiert. Dadurch gehen Tradition und Brauchtum verloren, und der Ursprung wird nicht mehr rekonstruierbar – auf diese Weise wird eine Kultur ohne Gesicht geschaffen. Mir ist dies nicht egal – mich interessiert, wo die Wurzeln sind und was die Ahnen so getrieben haben.
Ich finde, das ist ein wichtiger Aspekt und Aufruf zugleich: Raus in die Natur und ebenso von den Alten lernen. In den Köpfen dieser schlummert vermutlich noch lebensveränderndes Wissen für uns, das wir ausschöpfen sollten. Besonders die Traditionen und das Brauchtum einer Kultur vermitteln uns heutzutage Halt und Stärke. Etwas das, wie Du bereits gesagt hast, durch die Schnelllebigkeit und die Anonymität heutzutage verdrängt wird. Das hat für mich in keiner Weise mit braunem Denken zu tun, obwohl das leider immer wieder damit assoziiert wird… Hast Du zu Deinen „Empfehlungen“ noch einen Spruch oder einen Leitsatz, den Du uns mitgeben könntest?
„…und doch, so sage ich, muss der Mensch vergehen – es lebe der Augenblick! Die Welt ist farbenfroh wie nie – grau in grau…“
Zu oft vergessen wir genau das: Jeden Tag zu genießen und ihn bewusst als etwas Besonderes anzusehen. Ich bin dankbar dafür, dass ich hin und wieder zwischen all dem Lärm genau dies tue, auch wenn oft scheinbar jeder Tag „grau in grau“ erscheint. Geht es Dir ähnlich, dass Du Abstand von Deiner Arbeit und dem musikalischen Schaffen zu gewinnen versuchst, um neue Inspiration zu erhalten?
Also von meiner Arbeit nicht, ich sitze in einem Museumsdepot und verwalte dort die Kunstsammlungen. Das heißt ordnungsgemäß einlagern, präventive Maßnahmen ergreifen, Erschließung, Ausstellungsvorbereitung und solche Sachen. Da wir auch nahezu aus jedem noch so erdenklichen Gebiet mindestens ein Objekt haben, ist dies höchst inspirierend.
Auf Krampf kann man keine Musik machen, denn so etwas frustriert und man verliert die Lust daran. Man muss immer warten bis ein Funke das Holz zum Glühen bringt und dann genau schauen, dass man das Feuer schürt.
Ich danke Dir sehr für dieses Gespräch und Deine ehrlichen wie auch lehrreichen Antworten. Ich denke, jeder der Black Metal als Lebensweise versteht und sich zugleich traditionsverpflichtet fühlt, ist bei Mosaic bestens aufgehoben. Ich freue mich jedenfalls auf die neuen Releases in physikalischer Form samt Artwork!
Ich bedanke mich für die Möglichkeit des Interviews und hoffe, dass euer Magazin regen Zulauf erfahren wird. Viel Erfolg dabei!
IK
Band:
www.mosaicofthefallenone.bandcamp.com
www.facebook.com/mosaicofthefallenone
Label:
www.eisenton.de
(Bilder: © Mosaic)