Nach einem zweitägigen Geburtstagsmarathon am Wochenende ist es nun Zeit für den krönenden Abschluss: Wolves in the Throne Room live! Nachdem meine Frau und ich den halben Tag auf der Couch gegammelt haben und wir beide hundemüde sind, schälen wir uns dennoch gegen 17 Uhr in unsere Metalkluft und düsen aus dem Sauerland knappe 1,5 Stunden Richtung Kölle. Nach dem unkomplizierten Fund eines meist selten vorhandenen Parkplatzes in Großstädten, treffen wir auch umgehend auf Adam, der ebenfalls aus Krefeld angereist ist. Noch schnell ’nen Gemüsewrap eingeworfen und ab zum „Gebäude 9“. Nach wenigen Sekunden Fußmarsch erreichen wir dann die Location. Das alte Fabrikgebäude hat schon bessere Tage gesehen, vermute ich. Roter brüchiger Klinker, ausgewaschene Plakate an den Wänden, dafür aber auf einer der Seiten ein weiterer Eingang mit jeder Menge krautigem Grünzeug, das mit einem Baustellengitter abgesperrt ist, auf dem geschrieben steht: „Bitte keine Fahrräder (+Konsumenten) anbinden“. Es scheint als wäre dies hier eine Gegend von Kreativen. Nach einer Viertelstunde des Wartens, zusammen mit noch sehr wenigen Artgenossen, ist dann Einlass. Automatisch gelangen wir in den Vorraum zur Bühne, selbstverständlich mit Theke und einem Merchstand ausgestattet, der nicht mehr auf eine kleine Underground-Band schließen lässt. Shirts für 20 € pro Stück, das kommt schon fast Preisen bei Maiden gleich. Also erstmal zur Theke. Da Staropramen leider ausverkauft ist, nehmen wir das was da ist: Neben Früh Kölsch wird es ein Becks. Kurzerhand entschließen Adam und ich uns dann doch beim Merchstand zuzugreifen, denn das neue Backpatch- und Shirt-Design zur so genannten „Beltane 2017 European Tour“ sieht verdammt edel aus!

Beltane 2017 Backpatch
Nach dem kurzen Umtrunk öffnen dann auch die Pforten zur kleinen Konzerthalle, und immer mehr Leute strömen in die alte Fabrikhalle hinein. Um 20 Uhr sollte Beginn sein, allerdings gibt es hier etwas Verzögerung. Dann passend zur Fernsehfilmzeit um 20:15 Uhr startet die uns noch unbekannte Support-Band. Aufgrund der extremen Lautstärke erschrecken wir uns alle drei im ersten Moment. Ohne ein Wort schreiten die Musiker auf die Bühne und verraten auch nicht wer sie sind oder wie sie heißen. Die ersten Töne erklingen und schon befürchte ich, dass uns einschläfernde Ahab-ähnliche Klänge erwarten werden. Damit liege ich nicht ganz verkehrt, denn von nur drei (oder doch vielleicht vier) Songs gibt es lediglich beim ersten Stück einen kleinen Ausbruch von Raserei, was ich mir auch für die übrigen Songs gewünscht hätte. Hier und da werden zwar einige wirklich nett klingende und Licht in die akustische Finsternis bringende Melodien kredenzt, aber nur, um diese mit den nachfolgenden Doom-Riffs bis zur Unkenntlichkeit niederzuwalzen. Aber was kann man bei Funeral Doom schon an Lebendigkeit erwarten? Wie ich später erfahren habe, nennt sich die Band Lycus und stammt ähnlich wie WITTR aus den Staaten. Beachtlich ist auf jeden Fall die Leistung des Drummers (der ebenfalls bei den Wölfen als Live-Mitglied trommelt), da er den Hauptpart des Gesangs vom Schlagzeug aus übernimmt. Das wirkt in Kombination mit seinem Blick stellenweise etwas hypnotisch auf mich, so wie Frodo auf üblen Drogen. Auch wenn der Sound stimmt, ist mir die Musik aber zu eintönig und einschläfernd, so dass ich mit meiner Frau schon mal zur Theke gehe, um ein weiteres Bier zu bestellen.
Die Spannung steigt, als wir kurze Zeit später wieder in der Halle sind. Noch brennen die Lichter der kleinen Kronleuchter unter der hohen Decke. Die Fahnen der Bühnendekoration, auf denen liebevoll angebrachte Wildtiere wie Graureiher, Eule, Stachelschwein (?), Hirsch und Wolf zusammen Rat halten, sind nun alle sichtbar. Ein leichtes Plätschern und Summen, das nun Einzug hält, steigert nun repetitiv die Spannung bis die Jungs aus Olympia endlich die Bühne aufsuchen. Auch hier Wortkargheit in ihrer stärksten Form. Irgendwie sympathisch, aber auch verschroben. Stattdessen wird etwas auf der Bühne geräuchert, aber leider kann ich weder sehen, noch riechen was es ist, da wir zu weit hinten stehen. Der erste Song startet mit (bin mir aber nicht ganz sicher) „Wanderer Above the Sea of Fog“ von der „Black Cascade“ und reißt mich sogleich mit. Der Klang ist einfach fantastisch. Die einzigen Mankos sind abermals der zu laute Sound (der nur mit Ohrenstöpseln auszuhalten ist) und die etwas übersteuerten Drums, die die subtilen Melodien teilweise verschlucken. Der zweite Song ist mir unbekannt. Vermutlich von der „Celestial Lineage“, die ich als das schwächste WITTR-Album empfinde und deshalb nicht besitze, oder aber es ist ein gänzlich neuer Song! Mit dem 20-minütigen Nachfolger „I Will Lay Down My Bones Among the Rocks and Roots“ haut es mich aus den Latschen. Einfach ein dermaßen genialer Song, der live noch stärker rüberkommt. Nach diesem letzten Track frage ich meine Frau, wieso die jetzt schon die Bühne verlassen, und schaue auf die Uhr. Die Zeit scheint irgendwie still gestanden zu haben! Als Zugabe gibt’s dann aber noch „Queen of the Borrowed Light“ vom Debütalbum, welches absolut wuchtig, druckvoll und intensiv ist.
Ein Besuch der sich gelohnt hat, aber trotzdem kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Bekannterwerden von WITTR (als erstes Anzeichen sind wohl die überteuerten Preise am Merchstand) nicht so recht zu dem passen will, was die Band tatsächlich verkörpert oder wie sie es zu Zeiten von „Two Hunters“ suggeriert hat: Wildnis und Natur. Ich will nur hoffen, dass zukünftige Konzerte weiterhin in diesem mittleren Maßstab abgehalten werden und daraus kein Mainstream-Mist entsteht und auch keine T-Shirts mit unzähligen Motiven in kommerzieller Weise produziert werden, ähnlich der berühmten T-Shirt-Wände auf Wacken…