Das 2014 gegründete Trio Antisoph aus Schleswig-Holstein macht schon mit seinem Pressetext zur neuen CD alles richtig und mich verdammt neugierig: Die Band kündigt mit dem selbst betitelten Album das Ergebnis aus zwei Jahren Arbeit an, eine wohlgediegene Mixtur aus Black Metal und Progressive Rock, die unter anderem auch Opeth-Fans goutieren könnte. Die Spannung steigt, die Atmung wird flacher und liegt für die kommenden knapp 45 Minuten ganz in den Händen der Band.
„Karmaghoul“, der erste Song der auf 300 Einheiten limitierten CD prescht auch direkt mit verqueren Gitarren und einer hektischen Drumroll drauf los und mündet in cleanen Vocals, die tatsächlich in ihrem Duktus und Tonfall ein wenig an Mikael Åkerfeldt erinnern. Zu einer intensiven Bass Drum schaukelt sich der Song in immer ekstatischere und hektischere Gefilde auf, spielt wild mit den Tempi.
„Hypnoroom“ startet gemäßigter, mystischer und erinnert atmosphärisch an das Mastodon-Überalbum „The Hunter“. Die Stimme von Jan M. Plewka ist äußerst dynamisch und vermag ebenso ruhigere Phasen als auch wilde eklektische Eskapaden zu tragen. Assoziationen zeichnen ein dunkles Verlies, dessen Wände sich immer enger um den Hörer schließen und nur noch Raum für Panik und Paranoia lassen.
Nach zwei brachialen und intensiven Songs wünsche ich mir etwas Luft zum Atmen und werde mit „Distant Scream“ auch nicht enttäuscht. Stellenweise gibt der Song sich gediegeneren Tempi hin, und die Rock-Seite der Band darf kurz durchscheinen; das klingt plötzlich nicht mehr nach Opeth, eher nach den Smashing Pumpkins: Verspielt, sonnig und wenig düster. Alles nur, um sich dann nach knapp sieben Minuten stilistisch Porcupine Tree anzunähern, nach wie vor luftiger, aber sehr intensiv und drohend sowie bereit, in den letzten Minuten doch noch in wilde Raserei zu verfallen. Was Christopher Duis hier am Schlagzeug zelebriert, ist mehr als beeindruckend. Tempi, Takte und Grooves werden mit solch spielerischer Sicherheit eingeworfen und alterniert, dass es einem förmlich schwindelig werden kann.
„Death“ zeigt sein können dann auch in einigen freigestellten Drum Parts. Hier rock-n-rollt der Progteufel so richtig los, die Vocals deutlich zurückgenommen, aber Bass, Gitarre, und Drums zügel- und hemmungslos.
Wer nun bei „Teleport Maze“ angekommen ist, steckt bereits so tief im Sound der Band, dass eine Flucht oder ein Bogen um die Repeat-Taste undenkbar sind. Die Vocals werden wehklagender und schmerzhafter, eine Reise kündigt sich an, und sie wirkt turbulent und gefährlich…
„Ghostking“ spielt mit vertrackten und abgedämpften Gitarren und verkündet „The king is dead, long live the ghost king“. Gerade als man denkt, man hätte die Band durchschaut, bringt sie ein episches Solo zum Erklingen, welches sich majestätisch über die rhythmischen Fragmente erhebt und ihnen Luft zum Atmen gibt. Der Song wäre ein toller Rausschmeißer gewesen, aber da gibt es noch einen besonderen Song.
Mit „Rejoice“ endet der Opus Antisoph wie Opeth zu ihren besten Zeiten zu überzeugen wussten: Akustisch, verspielt, traurig und mit einem wundervollen Sound. Der Song passt so gar nicht zu den Progbrechern, welche ihm voranstehen und ist doch der perfekte Abschluss unter einem Diamanten von einem Album: Schwer zugänglich in seinen entfesselten Momenten, sanfter, lichtdurchfluteter und beflügelt in den ruhigeren Passagen. Jedwedes Maß an Kritik wäre hier unangemessen, denn Spieltechnik, Produktion (Mastering durch Lasse Lammert) und Songwriting sind auf höchstem Niveau und werden Genre-Fans nicht nur abholen sondern auch nach Hause bringen. Einzig – und das ist nur ein kleiner Wermutstropfen – fehlt es hier und da noch am Mut zur ganz großen melancholischen Melodie und Verwundbarkeit, wie sie Soen oder auch Porcupine Tree ausleben. Alles in allem ein wahrhaft atemberaubendes, anstrengendes und forderndes Meisterwerk.