Au-Dessus kommen aus Litauen, haben einen französischen Bandnamen und spielen Post-Black Metal, also eine Metal-Ausrichtung, unter der man sich so ziemlich alles oder aber auch absolut gar nichts vorstellen kann. Aus dem Grund haben es die postapokalyptischen Schwarzmetaller immer so schwer, denn ihre turbulenten Musikergüsse lassen sich nicht eindeutig irgendwo zuordnen, in eine der klassischen Schubladen stecken oder auch mit irgendwem bekannten vergleichen. Die oftmals sehr komplex angelegten Songstrukturen, die alle möglichen Einflüsse aufweisen können, führen zu den seltsamsten Hybridformen des Metals, weshalb die meisten den Post-Black Metal zwar irgendwo hörbar und nett finden, sich aber nicht so wirklich auf ihn einlassen wollen oder können, so mein subjektiver Eindruck. Zusammenfassend könnte man sagen, dass diesem Genre pauschal viel zu viel Desinteresse entgegengebracht wird. Gut, manchmal auch berechtigt, gelegentlich aber auch mit nachteiligen Folgen…
Auch ich muss zunächst gestehen, dass mein Ersteindruck von „End of Chapter“, dem ersten Langspielalbum von Au-Dessus, das mit schlicht durchnummerierten Titeln und der römischen Zahl „VI“ beginnend eine Fortführung der vorangegangenen EP zu sein scheint, nicht sonderlich berauschend war. Aber wahrscheinlich war ich an diesem Tag, später, als ich die CD rotieren ließ, einfach nicht mehr aufnahmefähig, und schon gar nicht für so ein Musikmonstrum. Am Tag danach, ausgeschlafen und mit frisch gewaschenen Ohren, wurde die CD erneut in den Player geworfen. Und siehe da: Das Klangerlebnis hat sich über Nacht unheimlich gesteigert! Und mit jedem weiteren Durchlauf wurde auch die Musik von Au-Dessus immer besser und besser. Und jeder Song schien mir bei jeder Umkreisung meiner Lauscher mehr als der davor zu gefallen, wodurch mir erst nach und nach die ganze spielerische und aufeinander perfekt abgestimmte Genialität der vier Musiker offenbart wurde. Somit hat man es hier ganz klar mit einem Silberling zu tun, der erst im Player reifen muss, um irgendwann absolut rund laufen zu können. Schließlich werden bei Au-Dessus scheinbar wie aus dem Nichts absolut gelungene Melodie- und Riff-Konstrukte aufgebaut, dann doch schnell wieder verworfen und neu mit anderen Facetten oder Nuancen und einer noch höheren Komplexität rekonstruiert, was definitiv keine leicht verdauliche Kost ist. Wiederverwertet oder ausgebaut wird hier so gut wie nichts – jede Idee kommt nur einmal zum Zuge. Mal ist die Musik Sludge-artig langsam, mal höllisch schnell, fast schon wie aus der Kontrolle geraten, dann atmosphärisch und gar melodisch. Ein Wechselbad der originellen Ansätze jagt das andere. Und das ist vielleicht auch das „Problem“, mit dem die Band zu kämpfen haben wird. Es wird vielen sicherlich einfach zu viel des Guten sein. Wie ein zu großes Stück Torte oder ein XXL-Schnitzel… Wer aber damit zurechtkommt, der kriegt ein echt feuriges Bombardement in die Ohren gepfeffert!
Das plakative Cover-Artwork mit dem Gesicht eines kleinen Mädchens mit alten Münzen auf den Augen lässt den Betrachter, der sich im Laden diese CD nur optisch anschaut, ebenso unschlüssig zurück. Denn dieses Motiv, wie das symmetrische und mit einer sehr sauberen Schrift versehene Band-Logo, geben keinerlei Anhaltspunkte auf die zu erwartende Musik. Dass hier ein im Grunde aggressiver, mal wütender, mal vor Verzweiflung klagender Gesangsstil dominiert, dies würde wohl niemand bei dem Cover vermuten. Aber gerade dieser Kontrast ist womöglich das, was die Künstler beabsichtigen. Nur wer tiefer gräbt, findet hier den verborgenen Schatz. Und ja, eine passende klare Stimme, als heller Gegenpol zu der finsteren Dämmerung, ist auch auf dieser Vertonung vorhanden, wenn auch nur in sporadisch aufkommenden Passagen. Also hier noch einmal die Durchsage: Wer seinen Ohren mal einen ungewöhnlichen Trip gönnen möchte, der hole sich dieses Album auf der Stelle!
Au-Dessus are from Lithuania, have a French band name and play post-black metal, a metal genre, which can almost be anything or absolutely nothing at all. For this reason, it’s not easy for the post-apocalyptic black metal guys, because their turbulent musical flavours can not be unambiguously assigned somewhere, stuck in one of the classic genres or even compared with some known acts. The often very complex song structures, which can have all sorts of influences, lead to the strangest hybrid forms of metal. My subjective impression is that most listeners like post-black metal somehow, but they can not really get involved with it. In summary, one could say that there’s too much disinterest for this genre. Sometimes justified, but occasionally with negative consequences…
I also have to admit that my first impression of „End of Chapter“, the first full-length album by Au-Dessus (it seems to be a continuation of the previous EP, because the first title is starting with the Roman number „VI“), wasn’t especially exhilarating. But probably later on this day, when I was listening to the CD, I was simply no longer concentrated enough, and certainly not for such a music monstrosity. The next day, rested and with freshly washed ears, the CD was again thrown into the player. And now: The sound experience has increased overnight incredibly! And with each further listen, the music of Au-Dessus became better and better. And every song seemed to me to please more than before, as a result of which the entire playful and perfectly coordinated genius of the four musicians was revealed. So you have to deal here clearly with an album, which has to mature first in the player, in order for it to be able to run absolutely fine. After all, it seems Au-Dessus are building successful melodies and riff constructions from nothing, but then they’re quickly discarded and reconstructed with other facets or nuances and a still higher complexity, which is definitely not easily swallowed. Reused or expanded is almost nothing – every idea is only used once. Sometimes the music is slowly sludge-like, sometimes hellishly fast, almost already out of control, then atmospheric and even melodic. Contrasts of different original ideas change here constantly. And this is maybe the „problem“ the band will have to fight with. For many it will certainly be too much of it all. Like an oversized piece of cake or an XXL piece of meat… But if you can handle it, you get a really fiery bombardment in your ears!
The striking cover artwork with the face of a little girl and old coins on the eyes leaves the viewer, who is looking at this album, just wondering. Because this motif, the symmetrical and the very cleanly written logo type, are giving no clue about the expected music. The fact that this is dominated by a basically aggressive, sometimes angry, sometimes despairing vocal style, no one would guess by looking at the cover. But precisely this contrast is perhaps what the artists intend. Only those who dig deeper can find the hidden treasure here. And yes, a fitting, clear voice, as a bright contrasting opposition to the dark twilight, is also present on this setting, but only in a few emerging passages. So here again is the announcement: If you want to treat your ears to an unusual trip, get this album immediately!.