Wenn man „In the Light of a Nocturnal Moon“ in den Händen hält, wirkt die CD selbst erst einmal recht minimalistisch. Neben dem Artwork (wenn man von besagtem sprechen kann) ist auch das Booklet (wenn man von besagtem sprechen kann) sehr spartanisch ausgefallen. Der Musikliebhaber muss sich bei der Haptik des Debütalbums mit recht wenig begnügen. An der Stelle kann ich Spotify-Verfächter wiederum verstehen, denn mehr als etwas Plastik mit einem Stück Papier ist es dann leider nicht… Aber es soll natürlich nicht primär um die Fassade bei dieser Empfehlung gehen, denn musikalisch betrachtet gibt es hier für den melancholieverliebten Metal-Enthusiasten einiges zu entdecken!
„A Blaze on the Horizon“ startet gemächlich als reiner Dungeon-Synth-Track (oder überlanges Intro?) in feiner Summoning-Manier. Jedenfalls entwickelt sich in dem fast fünfminütigen Song eine gewisse Erwartungshaltung. Jäh wird die Melodie des Openers durch die E-Gitarren in „Midwinter Fires“ aufgegriffen und der Hörer wird etwa ab der dritten Minute mit einem herrlich passenden weiblichen Gesang überrascht. Mich erinnert diese Kombination stark an den klasse Song „Earthen Throne“ von Gallowbraid, in dem ein ähnlicher Kontrast herrscht. Famos! Der nachfolgende Titelsong ist atmosphärisch, gediegen, entspannt, mit Samples von knisterndem Feuer ausgestattet, was die bildliche Vorstellung eines Feuers bei Mondschein musikalisch sehr gut hervorbringt. Auch hier kann man Einflüsse zuvor genannter Band deutlich heraushören. „Sons of the Blazing Dawn“ kommt schon etwas fetziger daher, wechselt zwischen leicht dissonanten Strukturen und akustischen Gitarreneinschüben, hat aber dennoch vom Refrain her irgendwie Ohrwurmcharakter. Eine wunderbare Melancholie entfaltet sich im anschließenden „The Last Journey“, auch wenn hier der Klargesang etwas seltsam klingt. Vor allen Dingen sind die Gitarrensolis sehr eingängig, während sich die Texte prompt in den Schädel fressen.
When the stars will fall and the winds will call my name,
no more clouds so grey and I will go to my fathers golden hall,
where the stars shine so bright when I leave this world behind.
„At the Lunar Eclipse“ ist zwar ein etwas kürzeres Lied, aber dafür mit einem verdammt guten Headbanging-Faktor… Und diese Gitarrenmelodien! Dann ein Break, wieder die göttliche Frauenstimme und noch mehr Intensität. Ich glaub‘, dies ist mein Favorit. Der letzte Song „Lindisfarne 793“ ist vom Aufbau ähnlich, männlicher Chorgesang, Frauenstimme – die Melodie kommt mir irgendwie bekannt vor, will mich aber dennoch nicht ganz packen, trotz knapper 8 Minuten Spielzeit.
Fazit: Einige Songs haben es wirklich in sich, doch insgesamt klingt das Album für mich aber irgendwie nicht wie aus einem Guss und etwas zusammenhanglos. Aber ein gewisses musikalisches Potential darf man dem Ein-Mann-Projekt um den geheimnisvoll geprägten Charakter Khamûl definitiv attestieren. Unter anderem ist er wohl auch bei Ahnenkult und Carn Dûm involviert, die ja eine ähnliche Richtung einschlagen. Ich bin jedenfalls auf den Nachfolger sehr gespannt, sofern es einen geben wird. Eine fantastische Mischung, um sich wohlfühlend in Melancholie zu schwelgen!