In meiner erst kürzlich verfassten Rezension zu „End of Chapter“ von Au-Dessus habe ich die Vermutung geäußert, dass der Post-Black Metal oftmals zu schnell als irgendein grässlicher Bastard abgetan wird, ohne dass man sich mit der Materie wirklich ernsthaft auseinandersetzt. Diese mir unverständlich erscheinende Haltung macht es einigen Bands aus diesem Sektor wahrlich nicht leicht selbst auf den kleineren Metal-Bühnen dieser Welt Fuß zu fassen, weshalb sie stets um jedes Quäntchen Aufmerksamkeit hart kämpfen müssen. Convictive, die sich aus dem Kohlestaub des Rhein-Ruhrgebietes erhoben haben, ist so eine Band, wie mir scheint. Das Quintett ist eine eingeschworene und zusammengeschweißte Einheit mit einer starken Live-Präsenz, und aus diesem Grunde auch stets bemüht möglichst viele Live-Gigs an Land zu ziehen, um ihre Musik auf diese Weise Stückchen für Stückchen nach vorn zu bringen. Dass sie damit auf dem richtigen, wenn auch sehr steinigen Weg sind, beweist die Tatsache, dass ihre erste Demo-CD „Blutnacht“ bereits zum dritten Mal aufgelegt werden musste, um die Nachfrage zu stillen. Nun liegt uns ihre erste EP mit dem Titel „Öffnung“ vor, die ein Vorbote des kommenden Full-Length-Debüts ist und momentan in meinem CD-Player ein Zuhause gefunden hat.
Die drei Songs von „Blutnacht“, bereits in der finalen Hammerheart-Ausgabe gleich mitsamt der Band von mir vorgestellt, haben mich, nicht zuletzt wegen der poetisch angehauchten Texte, irgendwie gleich an düstere Märchenerzählungen oder etwas in der Art erinnert. Beim Hören von „Öffnung“ will sich dieser Eindruck aber partout nicht mehr bei mir einstellen. Leider! Woran liegt’s? Vielleicht daran, dass hier die Stimmung noch düsterer und hoffnungsloser, um nicht zu sagen depressiver ausfällt und nicht den kleinsten Lichtschimmer durch den dichten und schweren Todesnebel lässt. Gleich der erste Song „Obscuritas“, schnell, relativ geradlinig und sich mehr am klassischen Black Metal orientierend, legt den Zuhörer in mentale Ketten, von denen er sich im Verlaufe der EP wohl nicht mehr befreien wird. Einigen wird dies sicherlich zusagen, mir allerdings etwas weniger, weshalb ich aus meiner Sicht der Dinge diesen Song als den schwächsten betrachte. „Libertas“, „Öffnung“ und „Gewahrwerden“ sind dagegen um einiges besser, denn hier kommt die rhythmische wie melodiöse Härte (um es mit den Worten der Band zu sagen) durch, die für den Sound von Convictive charakteristisch ist. Ruhigere Gitarrenparts werden hier und da auch mal eingestreut, doch zwischen den dominierenden harten Riffs und dem donnernden Schlagzeug werden sie wie Gewürm zerquetscht. Die dunkle Stimmfarbe der Frontfrau Jalina geht dabei Hand in Hand mit der Instrumentalfraktion einher, speit sie doch die Texte, welche sich regelrecht ins Tödliche wie Destruktive wandeln, regelrecht dem Hörer entgegen. Die Verwendung von Wörtern wie z. B. „Blut“, „schneiden“, „tot“ oder „rot“ lassen die Vorstellung eines Schlachthauses in mir aufkommen. So düster ist diese EP. Dergestalt lassen sich aber auch die „Realitäten des Seins aus anderen Blickwinkeln betrachten“. Zum Schluss kommt aber mit der akustischen Version von „Libertas“ noch ein Song zum Entspannen. Und das steht Convictive auch richtig gut!
Okay, auch wenn die Musik für mich wie eine Suizid-Droge klingt, so muss man gestehen, dass spiel- bzw. gesangstechnisch hier alle ihre Hausaufgaben gemacht haben. Dennoch, kompositorisch wird man noch eine kleine (der Teufel steckt ja bekanntlich stets in den allerkleinsten Details) Schippe drauflegen müssen, um auf lange Sicht im undurchsichtigen Metal-Band-Sumpf bestehen und von mehr als nur den treuen Stammhörern wahrgenommen zu werden. Aber ich gehe stark davon aus, dass Convictive sich ein paar echte Granaten für das kommende Debüt zurückgelegt haben. Und darauf bin ich mehr als gespannt!