Den ersten Dauþuz-Track gab es kürzlich auf YouTube zu entdecken, und er weckte in mir eine gewisse Vorfreude auf das nahende Debüt. Auf unserem Konzert in Brilon konnte ich überraschenderweise eine der 60 attraktiven Digipaks von Syderyth G. abgreifen.
Anfang 2016 entwickelte sich zusammen mit Aragonyth S. die Idee, Dauþuz (was auf Germanisch „Tod“ bedeutet) ins Leben (klingt ironisch, ich weiß, haha) zu rufen. Für mich persönlich ist die thematische Ausrichtung dieses Longplayers mal etwas ganz Neues: Die Kombination von Black Metal mit Geschichten aus und um den Bergbau (siebzehntes bis achtzehntes Jahrhundert) ist eine echte Offenbarung. Bevor die CD eingelegt wird, sollte man sich versichern, dass der Lautstärkeregler bedingt durch die letzte Akustik-CD nicht allzu weit aufgedreht ist, denn Dauþuz hauen uns bereits mit den ersten beiden Tracks einen ordentlichen Schlägel1 um den Schädel! Die Düsternis zieht den Hörer ad hoc in ihren Bann, hinab stürzt man in die dunklen Schächte der Grube, und es ist nicht verwunderlich, dass sich beim Hören dieser Geschichten eine gewisse Beklommenheit einstellt. Auch wenn die Beine und der Kopf sich stets mitbewegen wollen, sollte man dennoch erst einmal die Texte etwas auf sich wirken lassen und ggf. im Booklet nachlesen. Besonders, da hier altertümliche Wörter verwendet werden (die aber glücklicherweise alle erklärt werden – danke an der Stelle dafür), kann ein kurzer Blick nicht schaden.
Nachdem die beiden ersten Tracks „Feuersetzen“ und „Grubenfall 1727“ eingehämmert wurden, wird der Hörer mit einer kleinen koboldigen Akustikpassage wieder zum Leben erweckt (der Name des Minerals Cobaltit stammt wohl daher, dass die Menschen glaubten, es sei von Kobolden verhext). Hier kommen anscheinend wieder die Legenden und Mythen aus Zeiten der Altvorderen zu Tage, als Zwerge und Kobolde noch die finstren Spalten der Berghänge bewohnten. Legenden, welche Dauþuz aufgreifen und die Band umso sympathischer machen! Nachdem der Kobaltglanz versiegt ist, überzeugt als nächstes der „Alte Mann“ mit einer fantastischen Gitarrenarbeit. Die ganze Melancholie dieser, gepaart mit etwas hohem, aber dezentem Klargesang, passt wie Arsch auf Eimer.
„Der Bergjunge“ beginnt dann erst etwas schwächer, wobei er aber etwa ab der dritten Minute wieder mehr den Weg in den Gehörschacht findet. „Der unsichtbare Tod“ haut einem dafür definitiv wieder den Schlägel (allerdings doppelt) um die Ohren und erzählt von einer unsichtbaren Krankheit, hervorgerufen durch das Abteufen2 eines neuen Schachtes. Hier lohnt ebenfalls wieder ein Blick ins Booklet. Nach dem instrumentalen Akustikstück „Pechblende“ entfaltet anschließend der Titeltrack seine ganze Traurigkeit (die ja leider auch Realität war): Harte Arbeit in der Dunkelheit, kaum Luft zum Atmen, Schmerzen und Tod.
Niemand sieht euch leiden
Niemand sieht euch sterben
Untertage zerbrach so manche heile Welt
Untertage in der Knochenmühle zerrieben
Mit dem finalen und längsten richtigen Track „Böse Wetter“3 (das allerletzte Stück ist noch einmal ein akustischer Ausklang), welcher für mich schon einen wirklich epischen Charakter hat und erneut das ganze Resümee des Bergbaus aufzeigt, neigt sich eine wirklich prachtvolle Black-Metal-CD dem Ende entgegen! Dauþuz vertonen perfekt die Arbeit, das Leiden und die Qual Untertage in Form von Erzählungen und Sagen der alten Zeit. Es ist beachtlich, mit was für einer flexiblen Stimmgewalt Syderyth G. hier vorgeht. Aber auch die Gitarrenarbeit von Aragonyth S. weiß sehr zu gefallen (auch wenn diese stellenweise nur subtil, aber dennoch passend eingesetzt wird). Unter’m Strich kann ich nur sagen, dass auf „In finstrer Teufe“ professioneller Black Metal geboten wird, bei dem man ganz deutlich hören kann, dass hier zwei erfahrene Musiker zu Werke gehen.
Zum Abschluss rate ich jedem, sich nicht zu weit in den Berg zu wagen, denn dort könnte der tödliche Atem des Drachen lauern.
1 Hammer des Bergmanns
2 Herstellen eines Schachtes von oben nach unten
3 Schädliche Gasgemische (Explosionsgefahr), früher sinnbildlich als Atem des Drachen bezeichnet