Zum dritten Mal kommen Grendel’s Sÿster nun schon ums Eck, erneut mit einer weiteren EP im Gepäck. Alle, die schon auf die anderen beiden Veröffentlichungen dieser stilistisch sehr eigenartigen, folkige, doomige und epische Metal-Spielarten in einem Schmelztiegel vermengenden Band voll abgefahren sind, dürfen nun einen luftigen Freudensprung vollführen, denn am hausgemachten Rezept und dem gut durchgebackenen Ergebnis des Trios hat sich so gut wie nichts geändert. Das beginnt schon beim seltsamen Cover-Artwork, welches das Gemälde „The Roses of Heliogabalus“ des Künstlers Sir Lawrence Alma-Tadema zeigt und sich irgendwie nicht wirklich oder direkt mit der Musik verknüpft lassen möchte, die thematisch so buntgewürfelt wie ein antiker Flickengobelin ist und beispielsweise von steinzeitlichem Leben (im Song „Entoptic Petroglyphs“) oder den hinduistischen Upanischaden (in „Vishnu’s Third Stride“) handelt. Allen Stücken sind jedoch eine gewisse Leichtigkeit und Fröhlichkeit eigen, welche wohl so ähnlich das dargestellte Fest des Kaisers Elagabal regierten, bei dem einige Gäste unter den vielen Rosenblüten angeblich erstickt sein sollen. Beim Hören der sieben neuen Musikstücke (Intro nicht mitrechnend), die wie bei „Orphic Gold Leaves / Orphische Goldblättchen“ wieder jeweils auf Englisch und Deutsch eingesungen worden sind, muss aber niemand befürchten zu Tode zu kommen. Der Ausflug mit „Myrtle Wreath / Myrtenkranz“ in den Ohren ist lehrreich, aufbauend sowie wohltuend wie der sprichwörtliche Balsam für die Seele und definitiv nicht in irgendeiner Art und Weise zerstörerisch oder gar schädlich für die Gesundheit.
Angst, Unwissenheit und Hass sind reißende Tiere, doch von den Flammen des Opferfeuers verzehrt, verströmt ihr Fleisch einen köstlichen Duft.
Den Grundstein hierfür liefern ganz sicherlich die im Kontrast zu den poetischen Texten vibrierenden, vor einem Doom-Hintergrund aufgereihten, melodischen Leadakkorde von Tobi, die ausnahmslos und durchweg als sehr beschwingt bezeichnet werden können und eben jene, bereits oben attestierte Leichtigkeit erzeugen. Zu den vielschichtigen, stets mit voller Power nach vorn säuselnden Riffs gesellen sich Tills harmonisches Schlagzeugspiel sowie Caros starke, wenn auch zugegeben äußerst eigenwillige, jedoch sich stets sehr charismatisch anhörende Stimme. Mit dieser wird auch stellenweise gelungen experimentiert. Mal ein markerschütternder Schrei, mal einige stimmige Na-Na-Na- oder zweistimmige Gesänge, das würzt wie Paprika und Pfeffer und verleiht den Songs eine leichte, bekömmliche Schärfe. Hier stellt sich zu jeder Zeit das Gefühl ein, etwas Spezielles und richtig Gutes zu hören. Mag sein, dass Caros Gesang dem einen oder anderen etwas zu aufdringlich sein kann, doch dies trifft eigentlich auf alles zu, nach dem Motto: Tausend Ohren, fünfhundert Meinungen. Von meiner Warte aus gehen beide Daumen nach oben. Gerade der letzte, ohne Instrumente auskommende Song „Cairns / Steinmännlein“ macht eine echt gute Figur. Er erinnert mich relativ stark an die unkonventionelle isländische Sängerin Björk, und das zieht!
Tolle Kompositionen, tolle Leadgitarren, virtuoses Drumming, tolle Stimme – bei Grendel’s Sÿster stimmt einfach alles und gibt ein rundum gelungenes Gesamtbild ab! Deswegen unbedingt anspielen, Digipak bestellen oder auf die angekündigte Vinyl-Pressung warten.