Griffon – O Theos, o Basileus

Griffon - O Theos O Basileus

Ihr Götter und Könige, was habt ihr mir da beschert? Fünf Franzosen, eine im Verpackungsinhalt angegebene Mischung aus Black Metal, Folk und Mittelalterlichkeit sowie ein Album im griechischen Gewand. Griffons neuestes Werk „Ὸ θεὀς ὸ βασιλεὐς“ (O Theos, o Basileus) verspricht auf jeden Fall ein spannendes Hörerlebnis. Zum Glück gehe ich nicht unvorbereitet in dieses Schauspiel, denn die Pariser Truppe Griffon ist mir bereits seit ihrem Beitrag zur Split „Atra Musica“ ein Begriff. Damals konnte mich die Musik der Franzosen noch nicht vom Hocker reißen. Ob sich das diesmal ändert?

Was bereits nach kurzer Zeit auffällt, ist, dass sich Griffon gewaltig gemacht haben. Kamen mir die vier Songs auf „Atra Musica“ eintönig vor, so überraschen mich die neuen Stücke durch ihren Abwechslungsreichtum. Zugegeben, die Abwechslung findet innerhalb relativ exakt zu bemessener Grenzen statt; ich würde jedoch sagen, dass das dem Album ziemlich gut tut. Denn eines kann man Griffon an dieser Stelle eingestehen: Sie haben definitiv ihren eigenen Stil. Was dieser jedoch genau umfasst, da dürfen sich gerne die Geister scheiden. Modern und melodisch trifft es meiner Ansicht nach ganz gut. Medieval- und Folk-Elemente kann ich in dieser Gemengelage jedoch – wenn überhaupt – nur mit der Lupe erkennen. Dafür ist das Album ganz schön keyboardlastig. Aber vielleicht fällt die Genre-Zuweisung bei „Ὸ θεὀς ὸ βασιλεὐς“ allgemein etwas schwer.

Von Göttern und Königen… oder doch nicht?

Bereits der ins Deutsche übersetze Titel „Der Gott, der König“ lässt aufhorchen. Wer jetzt allerdings eine White-Metal-Scheibe im Black-Metal-Gewand befürchtet (was, nebenbei bemerkt, durchaus interessant wäre – alleine schon der Ironik halber), den kann ich zumindest irgendwie beruhigen. Es geht auf „Ὸ θεὀς ὸ βασιλεὐς“ durchaus um Göttlichkeiten und Religion – aber eben hauptsächlich um Könige. Und Frankreich. Vielleicht erklärt sich an dieser Stelle auch, warum dem Album Folk und Medieval anhaften; in der Musik finden sich beide weniger, in den Texten hingegen zuhauf. Wobei das zum Teil auf einem bloßen Gefühl und der Beschreibung der Songs in englisch basiert. Über weite Strecken sind die Texte auf „Ὸ θεὀς ὸ βασιλεὐς“ französisch und das Eingangsstück „Damaskos“ auf altgriechisch. Das ist authentisch, erschwert einem aber auch das Lesen und Interpretieren der Texte.

Das lyrische Repertoire von Griffons neuestem Werk umfasst unter anderem biblische Themen, wenn es beispielsweise um den berüchtigten Saulus geht, der sich später zum Apostel Paulus wandelt. Auch die letzten drei Stücke der Scheibe greifen ein biblisch-historisches Thema auf. Zwischendurch gibt es einige Lehrstunden in französischer Geschichte, Kritik an politischen Systemen und – wenn ich da nicht völlig falsch liege – diverse Hinweise auf Macht, die schnell korrupt machen kann. Ich gebe zu, das hört sich an dieser Stelle weder begeistert noch spannend an.

Zum Glück schaffen es Griffon das Ganze – vorsicht, billiges Wortspiel – sehr griffig zu verpacken. Ich für meinen Teil dringe immer noch nicht ganz zu ihrer Musik durch und finde sie stellenweise nach wie vor etwas eintönig. Trotzdem kann ich nicht umher, ihnen mitunter symphonische Qualität einzugestehen. Hinzu kommt, dass das überraschend kurzweilige Album schon gleich zu Beginn ordentlich loslegt und nur selten auf die Bremse steigt. Wenn es das hingegen tut, dann sind die Momente perfekt getimt.

Alles in allem ist Griffons „Ὸ θεὀς ὸ βασιλεὐς“ ein spannendes Konzeptalbum, auf dem es jede Menge zu entdecken gibt – wenn man sich darauf einlässt. Und ich gebe offen zu, dass mir die volle Intention hinter dieser Scheibe verborgen bleibt; dafür ist mein Französisch zu schlecht. Ist das Nationalstolz in dem einen Stück? Ist es Religionskritik in dem anderen? Warum die Geschichte von Saulus, der zum Paulus wird, als Einleitung? Ein Album ist immer mehr, als nur seine reine Musik. Griffon schaffen es sehr gut, einem das noch einmal vor Augen zu führen. Auch zeigen sie sehr gut, dass Black Metal sich seit seinen Anfangstagen ganz schön gewandelt hat.