Headless Beast – Phantom Fury

Headless Beast - Phantom Fury

Es muss nicht immer ausgefallen oder möglichst avantgardistisch sein. Damit möchte ich nicht andeuten, dass das neueste Werk „Phantom Fury“ der Ulmer Truppe Headless Beast in irgendeiner Form langweilig ist. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Aber wo manche Band durch besondere stilistische Einflüsse punkten oder vielleicht möglichst viele verschiedene Instrumente unter einen Hut bringen möchte, zeigen Headless Beast, dass auch die klassische Seite des Heavy Metals nichts von ihrer Wucht verloren hat. Völlig klassisch und beinahe schon wie aus dem Lehrbuch sausen einem die zwölf Songs der Scheibe um die Ohren und bieten jede Menge Potential, sich dort auch dauerhaft einzunisten.

Vielversprechend angefangen hat die Bandgeschichte bereits mit dem vor einer halben Ewigkeit veröffentlichten Erstling „Forced to Kill“. Das Debüt der bereits seit 2004 unter dem Namen Headless Beast agierenden Truppe kann insgesamt ebenso wie sein Nachfolger überzeugen, und ich kann jedem nur empfehlen, im Vorbeigehen auch dort mal reinzuhören. Auf der musikalischen Bühne waren Headless Beast auch vor 2004 schon präsent – damals allerdings noch unter dem Namen Beasts of Bourbon. Aufgrund einer Namensähnlichkeit mit einer australischen Band musste der Bourbon das Boot verlassen, während das Beast bleiben durfte. Dass die kopflose Bestie eine Anspielung auf den kopflosen Reiter aus der Erzählung „The Legend of Sleepy Hollow“ von Washington Irving ist, wird auch noch einmal durch das wunderbar gezeichnete Cover von „Phantom Fury“ unterstrichen. Markus Vesper, der kreative Kopf hinter diesem Cover, war auch schon für die Gestaltung der Front des Erstlings „Forced to Kill“ verantwortlich.

Wie gesagt, „Phantom Fury“ atmet mit jeder Pore klassischen Heavy Metal mit leichten Anleihen aus dem Hard Rock. Spürbar äußern sich Einflüsse von Bands wie Judas Priest, Accept und eine Prise Hammerfall. Dabei jedoch immer mit dem gewissen Etwas an Eigenständigkeit. Ich würde fast schon behaupten, dass hier Tradition und Moderne vereint werden. Dazu passt auch wunderbar die leicht raue und irgendwie oldschoolige Stimme von Sänger Jürgen Witzler. Ihr merkt schon: Wer auf klassischen Metal steht und bisher noch nicht über Headless Beast gestoplert ist, sollte sich spätestens jetzt seine Portion einverleiben.

We know how to do it – and we do it well
– Headless Beast, „Phantom Fury“

Unter der Haube ist das Album eine Ansammlung von guten Ohrwürmern und legt gleich mit dem Titeltrack „Phantom Fury“ einen echten Kracher hin. Doch auch Songs wie „Suicide Solution“ oder „Used to the Evil“ müssen sich hinter dem starken Einstieg nicht verstecken. Fans von eingängigen Gitarrensoli werden auf dieser Scheibe ebenso auf ihre Kosten kommen, wie diejenigen, die eine Spur Extravaganz vertragen können, denn auf dem ansonsten eher fröhlich klingenden Album setzen Songs wie das groovige und eingängige „Pray for Nothing“ sowie das düstere „The Darkness“ interessante Kontraste. Inhaltlich ist „Phantom Fury“ auf der Höhe der Zeit, denn in den einzelnen Songs werden brandaktuelle Themen besprochen. Die Scheibe setzt sich laut der Band „mit den Phänomenen und Begleiterscheinungen der heutigen Zeit auseinander, welche unsere Lebensumstände und unser tägliches Handeln unterschwellig beeinflussen. Dazu zählen Manipulation, Verblendung, Maßlosigkeit, sozialer Abstieg, Missbrauch von Religion, Versagens- und Zukunftsängste, Gefahr des heutigen Mediennutzungsverhaltens, ungewollte Veränderungen, Radikalisierung der Gesellschaft und der Verfall von Werten. Das Leitthema des Albums ist: Die Zeit in der wir heute leben, löst eine gespenstische Wut in uns aus.“ Und diese gespenstische Wut manifestiert sich in dem Begriff „Phantom Fury“.

Ihr seht: Auch nach insgesamt zwanzig Jahren Bandgeschichte stehen Headless Beast voll im Saft und es ist eigentlich schade, dass mit „Phantom Fury“ erst das zweite Album veröffentlicht wurde. Wenn die lange Wartezeit zwischen zwei Alben allerdings bedeutet, dass man so gute Ware geliefert bekommt, dann lohnt sich das Warten!