An die Segel und Ruder hart Backbord! Die tapferen Mannen von Itnuveth brettern euch eine Welle vor den Bug, die euch ordentlich durchrütteln wird. Doch bevor wir uns weiter in der Seemannssprache verlieren, bringen wir doch erst einmal die Fakten auf den Tisch: Seit dem Februar – und damit quasi noch fangfrisch – ist das mittlerweile sechste Studioalbum der Iberer von Itnuveth auf dem Markt. Dieses mag zwar keinen völlig frischen Wind durch das Genre des Pagan Black Metals wehen lassen, hat dafür aber jede Menge grundsolide Tracks im Laderaum.
„Anankè“ ist der Titel der Scheibe und macht gleich im Titel klar, womit wir es zu tun bekommen. Wie bitte, ihr seid nicht in griechischer Mythologie bewandert? Kein Problem, dafür gibt es ja das allwissende Internet, welches euch ganz dem Orakel von Delphi entsprechend in seiner großartigen Weisheit mitteilen kann, dass „Anankè“ gleichbedeutend mit einer „Verkörperung der schicksalhaften Macht der Natur“ ist. Was nun Griechen mit dem doch sehr wikingischen Schiff auf dem Cover zu schaffen haben, bleibt erst einmal im Nebel. Vor großen Geschichten haben sich Itnuveth jedoch allem Anschein nach noch nie gescheut, was schon ihr 2020er Album „Enuma Elish“ eindrucksvoll bewies (aber auch nicht zwangsweise viel mit dem babylonischen Schöpfungsmythos zu tun hatte).
In eine ähnliche Kerbe wie „Enuma Elish“ schlägt nun auch „Anankè“ und zeigt, dass Itnuveth ihrem Kurs treu bleiben – und sich gleichzeitig noch ein Stückchen weiter entwickeln können. Ihr neues Album hat mit seinen zwölf Tracks noch eine Spur mehr Druck, wirkt noch ein bisschen sauberer produziert und kann eine Prise mehr Vielfalt aufweisen. Wie gesagt, frischen Wind verpassen Itnuveth dem Genre nicht. Das muss aber auch nicht sein, wenn das Gebotene auf soliden Füßen steht und jede Menge Spaß bereitet. Ein wenig froh war ich, dass ich – entgegen den Erwartungen, welche das Cover schürt – nicht mit einer neuen Variante des Viking Metals konfrontiert wurde. Klar, auch dieses Genre hat seine Größen hervorgebracht. Manchmal ist mir das Thema Wikinger aber auch ein bisschen zu sehr durchexerziert, um mich noch vom Hocker zu hauen.
Zum Glück segeln Itnuveth hier in angenehm neutralen Gewässern. Jedenfalls kann man ihre Songs durchaus auch ohne Bezug zu nordischen Heldenverehrungen betrachten. Klar ist dabei aber auch, dass man keine lyrische Tiefe erwarten darf. Auch Abwechslung wird auf „Anankè“ nicht unbedingt groß geschrieben und die einzelnen Stücke folgen doch recht bewährten Mustern. Dafür donnert das Album trotz seiner fast einstündigen Spielzeit locker durch die Gehörgänge und erweist sich als wunderbar kurzweilige Angelegenheit. Als Anspieltipps bietet sich beispielsweise der Titeltrack „Anankè“ an, welcher euch gleich auf Kurs bringt. Auch die sehr eingängigen „Shame“, „Pure Density“, „Orc of the Hawthorn“ oder „Awareness“ bieten sich für neugierige Ohren an. Wer die ganze Stimmvielfalt der Spanier spüren möchte, darf sich „Sinking in the Ocean“ oder das in Erzählform eingeleitete „Iceter“ geben und bekommt damit – zusammen mit dem sehr instrumental getragenen „Sometimes are Gods“ – die geballte Vielfalt der Scheibe zu spüren. Ein Augenzwinkern ist hier jedoch nicht angebracht. Dafür ist „Anankè“ zu gut und ich finde es schade, dass die Truppe scheinbar nicht zu den bekanntesten ihrer Zunft gehört. Sie als Pagan-Fan unentdeckt an sich vorbei segeln zu lassen wäre beinahe eine Meuterei – aber hier darf es dann doch ein leichtes Augenzwinkern sein.