Die Eröffnung des vierten Lebensnacht-Outputs mit dem einsetzenden Regengeplätscher und einem gefährlich klingenden Surren im Hintergrund unterstreicht sogleich das stilvoll gezeichnete und einfach nur schmuck ausschauende, im blau-roten Kontrast gehaltene Artwork des Covers. Die darübergelegte sanfte Keyboard-Melodie, zeitweise auch noch mit unterstützenden Stimmen gepaart, lässt ziemlich schnell eine fast schon mystische Atmosphäre im Raum heranwachsen, bevor nach etwas über zwei Minuten die E-Gitarre und das Schlagwerk bissig die Führung des auf „Dark Clouds Gather“ trefflich betitelten Songs übernehmen. Ich gebe ganz offen zu, dass mich „Raging Storm of Apocalypse“, das sich konzeptionell grob umschrieben mit der Thematik des Todes, der Zerstörung und dem anschließenden Eintritt in das absolute Nichts beschäftigt, nicht auf Anhieb mitreißen konnte. Guter Genre-Standard, war der erster Gedanke nach dem ersten Durchlauf, allerdings konnte ich den auf fast 42 Minuten verteilten sieben Tracks eine gewisse Abwechslung nicht abstreiten. Wer sich diese CD nur ein einziges Mal anhört, der kann vorschnell zu der Ansicht gelangen, dieses Album sei nichts Besonderes. Deshalb ließ ich die neue Lebensnacht oft bei mir laufen, denn es gibt nun mal die Art von Musik, die vergleichbar mit unreifen Früchten in einer Obstschale erst eine Weile im Player nachreifen muss. Nach scheinbar unzähligen Durchläufen offenbarte sich mir dann auch die eigentliche Stärke bzw. das Besondere an diesem Album: Es wird nicht langweilig! Egal wie oft man es hört! Und derartige Qualität ist mir beim Musikhören auf lange Sicht gesehen die liebste…
Die Abwechslung bzw. das Besondere, das jedem Song innewohnt, zum Beispiel durch Tempowechsel, einmalige Kontrastpunkte (auf die man sich später immer freut), klangvolle Melodien oder stimmliche Variationen erschaffen, das ruft natürlich auch unterschiedliche Gefühlsregungen beim Hörer hervor. Diese sind mal zerstörerisch und aggressiv bis hin zu gnadenlos menschenfeindlich, dann aber wiederum nachdenklich, ruhig und sogar meditativ. Die im sechsten Song „The Gate Opens“ gesungene Zeile „We are the Void“ erinnert schon fast an irgendwelche Mantras hinduistischer oder buddhistischer Mönche. Robert Brockmann – mit tatkräftiger Unterstützung von Martin Krell am Drumset kein Alleingänger mehr – hat sich zu einem Meister der feinfühligen Kompositionen entwickelt. Deshalb kann man hier auch von dem bisher stärksten Lebensnacht-Wurf sprechen, der sogar noch etwas mehr am Black Metal als seine drei Vorgänger gelagert ist. Das Konzept mit den minimalistisch und zum ersten Mal auf Englisch gehaltenen Texten ist ebenfalls ein rundes Ding. Bitte also auf diesem Kurs verweilen und mit dieser Konstellation (es geht nix über organisches Drumming) sowie dem neuen Logo weitermachen!