„Entfesselt“ ist mal ein Titel, der von vorne bis hinten passt. So viel stand für mich bereits fest, als gerade mal das Intro und der erste Song verklungen waren. Die mit einer knappen halben Stunde ganz gut bestückte EP der bayrischen Pagan-Metal-Band Mornir beweist lautstark, dass die Fünfertruppe es drauf hat, sich in diesem Genre einen Namen zu machen. „Entfesselt“ stellt – nach der 2013 in Eigenproduktion erschienenen Demo-Aufnahme – das bisher zweite Lebenszeichen der Band dar und macht bereits vieles richtig, was so manches Album nicht vollbringt. Vor allen Dingen weckt die im Großen und Ganzen sehr sauber produzierte EP schon jetzt Vorfreude auf das erste Mornir-Debüt in voller Länge. Das erfrischend kurzweilige Werk – welches weder halbe Sachen macht, noch große Durststrecken aufweist – legt zu meiner Freude in seinen sieben Songs ein ordentliches Tempo an den Tag, das die Grenzen zwischen den einzelnen Tracks stellenweise verwischt. Das macht nicht nur bereits im heimischen Wohnzimmer Bock auf wildes Haare wedeln, sondern wird sicherlich auch so manchem Moshpit ordentlich einheizen. Dabei legt die Band erkennbar keinen Wert darauf, ein ganzes Genre neu zu erfinden. Auf diesem Weg ist es aber auch nicht zu vermeiden, dass es auf „Entfesselt“ stellenweise genretypisch „kitschig“ wird, wenn man mir diesen Ausdruck verzeiht. Besonders die Texte bewegen sich hier eher auf klassischen Pfaden; ein wenig mehr Mut würde an dieser Stelle gut tun. Dass die Band hingegen nicht auf zu viele pagantypische Instrumentsonderlinge zurückgreift, sondern nur die Geige als stimmungsvolles Beiwerk nutzt, ist letzten Endes eine gute Entscheidung. So findet eine Reduktion auf Wesentliches statt und bewirkt, dass die EP ihre ganz eigene Urgewalt entfesseln kann. Ebenso überzeugend ist die Stimmarbeit von Sänger und Gitarrist Axel, die nicht in einem unverständlichen Growlsumpf verkommt, sondern trotz ihrer kehligen Wucht die Texte gut verständlich macht. Auch wenn es bei der naturgegebenen Kürze einer EP und Songs von durchschnittlich vier Minuten nicht wirklich Sinn macht Hörbeispiele zu suchen, sind mir doch besonders die beiden Stücke „Erdenblut“ und „In goldenen Hallen“ im Ohr hängen geblieben. Interessant ist allerdings, dass die Bayern ihrem Rausschmeißer die meiste Spielzeit zugestehen: Das instrumentale Outro „Die Flut“ ist mit zehn Minuten nicht nur der längste, sondern insgesamt betrachtet auch der abwechslungsreichste Song. Insgesamt macht „Entfesselt“ nicht nur einen verdammt guten Eindruck, sondern, wie gesagt, auch neugierig auf zukünftige Werke. Wollen wir hoffen, dass wir nicht zu lange warten müssen.
Mornir – Entfesselt
