Mist, eigentlich bin ich mit meiner Rezension zu dem neusten Album von The Vision Bleak viel zu spät dran. Ich kann es jedoch erklären: In den letzten Wochen bin ich beinahe täglich in die musikalischen Sphären von „The Unknown“ eingetaucht, und da ich mich stets darin verloren habe, ist die Zeit irgendwie rasend schnell und das gleich wochenweise an mir vorübergezogen, ohne dass dieser Umstand wirklich bewusst von mir wahrgenommen wurde. Aber eines dürfte ganz sicher sein: Ein schöneres Kompliment kann man einer Band zweifellos nicht machen, oder? Nach wirklich ausgiebigem Hören steht nun definitiv fest, dass „The Unknown“ das beste und stärkste Album der beiden Horror-Gothic-Metaller Schwadorf und Konstanz ist. Hier wurde wahrhaftig eine Steigerung der Superlative vollbracht – schließlich sind die vorangegangenen, recht eigenartigen Werke kompositorisch allesamt als einwandfrei zu betrachten. Wer anderer Ansicht ist, der ist wahrscheinlich stets und krampfhaft darum bemüht das berüchtigte Haar in der Suppe zu finden. So möchte ich bereits an dieser Stelle prognostizieren, dass The Vision Bleak eines der zehn besten Metal-Alben dieses Jahres eingespielt haben.
Musikalisch geht es hier folgendermaßen vonstatten: Nach dem kurzen Intro „Spirits of the Dead“ wird gleich der absolute Killersong „From Wolf to Peacock“ aufgefahren, dessen repetitive und verdammt temporeich gespielte Gitarrenakkorde sich augenblicklich wie eine Fräse durch die Gehörgänge mitten ins Gehirn winden und dort die Suchtrezeptoren bis aufs Äußerste reizen. Ein permanentes Malträtieren der Repeat-Taste ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Folge dieses unerwarteten Hergangs. Und ganz egal wie oft man diesen Song hört, langweilig wird er einem nie! Dafür stehe ich mit meinem Namen, oder so ähnlich… Die anderen Songs sind zwar nicht so einprägsam, aber auch nicht minder beeindruckend. Jede Komposition scheint auf das menschliche Ohr wie maßgeschneidert zu sein, Ausfälle sind nicht vorhanden. Überall und in jedem Ton ist das Vorhandensein einer möglichst makellosen Arbeit mit einem vollen Sack an Detailreichtum ganz nah an den Grenzen der Perfektion deutlich spürbar. Mal geht es härter zur Sache, wie bei „Kindred of the Sunset“, mal äußerst melodisch, wie im Refrain des Titeltracks, und mal viel bedächtiger, wovon „Ancient Heart“, das mit der flockig gespielten Akustikgitarre stellenweise sogar locker als ein Empyrium-Song durchgehen könnte, Zeugnis ablegt. Die hier wohl dosierte und sehr ausgewogene Mischung hält die musikalische Waage in einem absolut fortdauernden Gleichgewicht. Tolle Leistung, welche mit dem Rausschmeißer „The Fragrancy of Soil Unearthed“, für mich persönlich dem zweitbesten Song des Albums, noch kräftigst unterstrichen wird. Der charakteristische Gothic-Gesang von Konstanz klingt übrigens so stark wie nie und verleiht der Musik von The Vision Bleak nach wie vor diesen unverwechselbaren Stempel. „The Unknown“ muss man einfach haben, genauso wie eigentlich alle The-Vision-Bleak-Alben.
Wer bisher den sträflichen Fehler beging, The Vision Bleak komplett zu ignorieren, der sollte nun der zweiten Geburt der Band, wie sie selbst ihr neues Werk bezeichnet, seine beiden Ohren schenken. Für jene ist wohl auch die kürzlich erschienene Compilation „Timeline – An Introduction to The Vision Bleak“ gedacht. Holen & Hören! Bedauern wird dies gewiss keiner!
(Künstlerfoto: © The Vision Bleak)