Wenn mich schon der erste Song (zweiter Track) einer CD ansatzweise – in den ausgedehnten gegrowlten Passagen zumindest – an das bekannte Meisterwerk „Tales from the Thousand Lakes“ von Amorphis erinnert, so muss das Teil definitiv was taugen. „Drei Deita“ von Vinsta – was im heimatlichen, in den Salzburger Alpen beheimateten österreichischen Dialekt von Christian Höll, dem Initiator dieser Death-Folk-Metal-Band (denke, dass dies den Nagel recht genau auf den Kopf trifft), so viel wie „Drei Deuter“ (im Sinne von Seher oder Propheten) heißt – kann sich diese Feststellung zu Recht gefallen lassen. Der erste, dem Bandnamen entsprechend sich vergleichsweise finster gebende Track legt in der Tat einen beachtenswerten Einstieg in dieses winterliche und außergewöhnlich lautende Akustikgemälde hin, welches vom Alexander Trinkl (Irrwisch) auch sehr passend illustriert ist. „Weisse Deckn“ bietet eine ausgewogene Mischung aus schroffer Härte und flockig leichter Heimatklänge, wobei letztere sich gleich zu Beginn an den aufkommenden und dezenten Jodel-Einwürfen dingfest machen lassen. Stirn runzelnde Traditionalisten werden hierbei sichtlich mehr Furchen als sonst bekommen und sicherlich irritiert dreinschauen, aber für solche ist das Album wohl auch nicht konzipiert. Progressiv und erfrischend wie Gletscherwasser möchte das Werk wirken, was auch auf voller Länge durchaus gelingt. Gerade mit „Oafocha Loda“, von einem durchweg ruhigen Marschtempo getragen, wurde ein perfektes Vorzeigestück komponiert. Vinsta, seit diesem Album um die silberne Zweitstimme der Violinistin Moni Hahn exzellent bereichert, zeigt sich auch gerne von einer naturromantischen und andächtigen Seite, also ähnlich dem Duktus, welcher noch auf der ersten, rein instrumentalen Arbeit von Vinsta nachzuhören ist. Hier kommt der heimatliche Dialekt erst so richtig gut zur Geltung, was der Aufnahme einen unverkennbaren Stempel aufdrückt. Das Singen in regionalen Dialekten scheint aktuell wirklich in Mode zu sein, wie schon letztens bei Alpgeist von uns festgestellt. Dies bereichert die Szene ungemein und lässt die Musiker sich stärker mit der eigenen Heimat, den eigenen Wurzeln identifizieren. Ich möchte wahrlich von einer begrüßenswerten Entwicklung hierbei sprechen.
So gut mir die ersten beiden Tracks inklusive „Ausklong“ (hier wäre zu ergründen, warum das Album mit dem Ausklang anfängt und mit dem Einklang endet – vielleicht um einen gewissen Kreislauf zu symbolisieren?) gefallen, so wird die musikalische Wanderung über Fels und Stein bei „Raunocht“ und „Fiachtn“ meinem Empfinden nach doch ein wenig anstrengend, was damit zusammenhängt, dass in diesen beiden härteren Songs stellenweise zu oft auf ein und derselben, von prog-rockigen Gitarren beherrschten Tonleiter herumgenudelt wird. Dafür kehrt der Titeltrack dem wieder den Rücken zu, und bereitet den Hörern eine schöne folkloristische Schlittenfahrt auf frischem, weichem Schnee. Von der sanftmütigen Wintersonne derart erwärmt, bewegt man sich frohen Mutes direkt auf die Zielgerade, auf den erhabenen Gipfel zu, welches das letzte Stück „Tiafn“ in jeder Hinsicht darstellt. Wer bis hierhin gekommen ist, wird mit einer wundervollen Aussicht belohnt. Vor allem ab der zweiten Hälfte entfaltet sich dieser Song zu einem atmosphärischen Manifest, zu einem die (bereits aufgeladene) Stimmung aufheiternden Ausblick auf eine ganz gewiss goldene Zukunft, bei dem alles, was die Band mit ihrem Wirken bewegen kann auch bewegt wird. Allein diese reichhaltige Entfaltung rechtfertigt eine Anschaffung dieses Werkes, das mit einem gleichermaßen geschickt angelegten „Einklong“ geschlossen bzw. zu einem neuem Kreislauf eingefädelt wird, frei nach dem Motto, dass das Ende auch stets ein Neuanfang ist.